Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf die Waren/Dienstleistungen & die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu prüfen.

Im konkreten Fall beantragte die Antragstellerin die Eintragung zweier Wortmarken.

Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarken „JA ZU OÖ“ und „JA ZU OBERÖSTERREICH“ für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 (Druckerzeugnisse), 35 (Vermittlung, Werbung), 38 (Telekommunikation), 39 (Austragen von Zeitungen und anderen Drucksorten) und 41 (Dienstleistungen eines Zeitungsverlages).

Der Antrag auf Registrierung der beiden Wortmarken wurde abgewiesen. Wie kam es dazu?

Zusammenfassung

Von der Registrierung sind jene Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand des Gesamteindrucks der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Eine Marke ist unterscheidungskräftig, wenn sie von den beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren/Dienstleistungen aufgefasst werden kann.

Jedenfalls nicht unterscheidungskräftig sind beschreibende Zeichen, wenn also die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt sofort erschließen können und darin eine Aussage über Art, Beschaffenheit oder sonstige Eigenschaft der Ware/Dienstleistung erblicken.

Im konkreten Fall sind beide Marken der Antragstellerin nicht unterscheidungskräftig. Der Bestandteil „OBERÖSTERREICH“ und „OÖ“ sind rein beschreibend, weil damit ausgedrückt wird, dass sie entsprechenden Waren und Dienstleistungen dieses Land betreffen. Der Bestandteil „JA ZU“ ist eine Aussage über die Beschaffenheit, nämlich dass die Informationen dieses Land bejahen und gutheißen sowie bewirken sollen, dass auch Konsumenten diese Haltung einnehmen (=Werbung). Beide Marken der Antragstellerin sind daher rein beschreibend und nicht unterscheidungskräftig.

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Beschluss des OLG Wien zu GZ 33R56/20b vom 25.08.2020

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarken JA ZU OÖ (AM 2635/2014, 33 R 56/20b) und JA ZU OBERÖSTERREICH (AM 2636/2014, 33 R 57/20z) über die Rekurse der Antragstellerin gegen die Beschlüsse der Rechtsabteilung des Patentamts jeweils vom 25.2.2020, AM 2635/2014-5 und AM 2636/2014-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Rechtsmittelverfahren 33 R 56/20b und 33 R 57/20z werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden; führendes Verfahren ist 33 R 56/20b.

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt jeweils EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist jeweils nicht zulässig.

Begründung

1. Gemäß § 187 ZPO, gegen den heranzuziehen das Rekursgericht – auch trotz des Fehlens einer allgemeinen Verweisungsnorm im Außerstreitgesetz – keine Bedenken hat, kann der Senat bei Parteienidentität Verfahren verbinden, wenn dadurch die Kosten und der Aufwand vermindert werden. Die Anwendung dieser Bestimmungen ist nicht auf das Verfahren erster Instanz beschränkt (vgl Höllwerth in Fasching/Konecny3 § 187 ZPO Rz 10; OLG Wien 34 R 11/14h, 34 R 38/14d).

Die Voraussetzung der Verbindung zur gemeinschaftlichen Entscheidung erachtet das Rekursgericht – neben der evidenten Parteienidentität – schon allein dadurch als gegeben, weil die Entscheidung im gegebenen Fall durch ein Rechtsmittel bekämpft werden könnte.

Überdies ist schon an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass in beiden Verfahren die rechtliche Beurteilung ident ist.

2. De Antragstellerin begehrte die Eintragung der Wortmarken JA ZU OÖ und JA ZU OBERÖSTERREICH für die folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 16

         Zeitschriften; gedruckte Zeitschriften; Zeitungen; gedruckte Publikationen; Druckereierzeugnisse; Journale; Magazine; periodisch erscheinende Magazine; Magazine als Beilage von Zeitungen; Fotografien.

Klasse 35

         Vermittlung von Zeitungs-, Zeitschriften- und Magazinabonnements; Werbung; Verbreitung von Werbeanzeigen; Rundfunkwerbung; Dateienverwaltung mittels Computer; Vermittlung von Adressen für Werbezwecke; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von eCommerce; Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke; Herausgabe von Werbetexten; Versandwerbung (Mailing) zur Kundengewinnung und -pflege; Marketing (Absatzforschung); Werbung und Marketing im Internet für Dritte; Verkaufsförderung für Dritte; Werbung für Dritte; Online Werbung in einem Computernetzwerk; Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Planung von Werbemaßnahmen; Vermittlung von Sponsorverträgen für Werbezwecke; Telemarketing; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vermietung von Werbeflächen in Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen, auch im Internet (Bannerexchange); Versandwerbung; Verteilen von Werbemitteln; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial, nämlich Flugblätter, Prospekte, Drucksachen und Warenproben; Werbung durch Werbeschriften; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien zu Werbezwecken; Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien für den Einzelhandel; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien.

Klasse 38

         Dienste von Presseagenturen; Übermittlung von Nachrichten, auch im Internet; Sammeln und Übermittlung von Nachrichten; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen, elektronischen Nachrichten- und Datenübermittlung; Verschaffung des Zugriffs zu Datenbanken; Telekommunikation; eMail-Dienste.

Klasse 39

         Austragen (Verteilen) von Zeitungen und anderen Drucksorten.

Klasse 41

         Dienstleistungen eines Zeitungsverlages, eines Zeitschriftenherausgebers und eines Zeitungsreporters; Publikation/Veröffentlichung von Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren, Magazinen und Zeitschriftenheften; Veröffentlichungsdienste für Zeitschriften, Broschüren, Magazine[n] und Zeitschriftenheften; Veröffentlichung von elektronischen Zeitungen, die über ein weltweites Computernetz zugänglich sind; Ausbildung; Veröffentlichung von Texten, Büchern, Zeitschriften und anderen Druckereierzeugnissen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten/Veranstaltungen; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet (online); online Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Herausgabe/Verfassen von Texten (ausgenommen Werbetexte); Information über Veranstaltungen (Unterhaltung); Ticketverkauf für Veranstaltungen (Unterhaltung); Organisation und Durchführung von Informationsveranstaltungen für kulturelle Zwecke; Durchführung und Organisation von Weiterbildungsseminaren.

3. Mit den nun angefochtenen Beschlüssen wies die Rechtsabteilung die Anträge mit der Begründung ab, die beteiligten Verkehrskreise (Verbraucher, Konsumenten, kommerzielle Kunden) würden in den angemeldeten Zeichen nur eine werbliche Anpreisung der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen im Hinblick auf deren Verbundenheit zum Bundesland Oberösterreich sehen, ohne dass dafür eine besondere Gedankenoperation notwendig wäre. Nicht jedoch würden Sie das Zeichen als Kennzeichen nur eines bestimmten Unternehmens wahrnehmen.

4. Gegen diese Entscheidungen richten sich die Rekurse der Antragstellerin. Sie beantragt, die Entscheidungen abzuändern und die angemeldeten Zeichen als Marke zu registrieren.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

5.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter und solche Wörter (Wortkombinationen), die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644).

5.2 Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware und Dienstleistung üblich sind.

Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen dann nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichneten Waren und Dienstleistungen verstehen (RIS-Justiz RS0066456; RS0109431).

5.3 Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel und den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS-Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 64; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 8 Rz 73).

5.4 Auch aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Marken sind nach denselben Kriterien wie herkömmliche Wortmarken zu beurteilen, weshalb die Registrierbarkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Waren und Dienstleistungen selbst enthalten, für die sie verwendet werden sollen (RIS-Justiz RS0122385). Entscheidend ist stets der Gesamteindruck des Zeichens (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht4 82). Eine Wortverbindung ist nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch das Unternehmen, die Ware oder deren wesentliche Merkmale zu bezeichnen, ohne eine ungewöhnliche Verbindung der Worte zu bewirken (C-383/99Baby-dry; 4 Ob 186/03mdjshop).

Es ist deshalb zu prüfen, ob das Zeichen Bestandteile enthält, die einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern und die über die offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgeblichen Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren und Dienstleistungen einzuprägen (RIS-Justiz RS0122385 [T2]). Entscheidend ist, ob der Verkehr aus dem Zeichen „zumindest gleichzeitig auch“ einen betrieblichen Herkunftshinweis entnimmt (RIS-Justiz RS0122385 [T3]).

6. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zu den Zeichen auszuführen, dass der Zeichenbestandteil OBERÖSTERREICH und (dasselbe Bundesland meinend:) OÖ beschreibend ist, weil damit ausgedrückt wird, dass die unter diesem Zeichen angebotenen Waren und Dienstleistungen dieses Land betreffen. Mit Blick auf die Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen registriert werden soll, besteht auch kein Zweifel daran, dass es Informationen sind, die im Zusammenhang mit diesem Land verbreitet werden sollen, und dass für dieses Land geworben werden soll – und zwar durch die Weitergabe von Information und auch durch sportliche und Unterhaltungsveranstaltungen (Klasse 41).

Dem Zeichenbestandteil „JA ZU“ ist eine Aussage über die Beschaffenheit der angebotenen Informationen zu entnehmen, nämlich dass die Informationen dieses Land bejahen und es gutheißen und dass sie bewirken sollen, dass auch die Konsumenten (Informationsempfänger) diese Haltung einnehmen. Alle unter diesem Zeichen verbreiteten Informationen werden unverzüglich und unmittelbar als Werbung für dieses Bundesland aufgefasst werden. Die Zeichen beschreiben somit aus dem Blickwinkel der beteiligten Verkehrskreise ausschließlich den Inhalt der Informationen, sodass die Funktion, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen, vollständig zurücktritt.

Die Entscheidungen der Rechtsabteilung bedürfen somit keiner Korrektur.

7. Da die Entscheidung keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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