Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf die Waren/Dienstleistungen & die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu prüfen.

Im aktuellen Fall beantragte die Antragstellerin die Eintragung einer Wortmarke.

Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke „SEE BRILLIANTLY“ für Waren- und Dienstleistungen der Klassen 5 (Pharmazeutische Erzeugnisse), 9 (Wissenschaftliche Apparate und Instrumente), 10 (Chirurgische Apparate und Instrumente), 35 (Werbung, Geschäftsführung, Verwaltung), 37 (Bauwesen) und 41 (Erziehung und Ausbildung).

Der Antrag auf Registrierung wurde größtenteils abgewiesen. Wie kam es dazu?

Zusammenfassung

Von der Registrierung sind jene Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand des Gesamteindrucks der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Eine Marke ist unterscheidungskräftig, wenn sie von den beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren/Dienstleistungen aufgefasst werden kann.

Bei Wortmarken ist Unterscheidungskraft gegeben, wenn es sich um frei erfundene Phantasiewörter oder Zeichen des allgemeinen Sprachgebrauchs, die mit der bestimmten Ware nicht im Zusammenhang stehen, handelt. Das gilt für deutsch- bzw. fremdsprachige Begriffe gleichermaßen.

Jedenfalls nicht unterscheidungskräftig sind beschreibende Zeichen, wenn also die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt sofort erschließen können und darin eine Aussage über Art, Beschaffenheit oder sonstige Eigenschaft der Ware/Dienstleistung erblicken.

Im konkreten Fall ist die Marke der Antragstellerin größtenteils nicht unterscheidungskräftig.

Übersetzt bedeutet das Wort „brilliantly“ brillant, glänzend oder ausgezeichnet/Sehr gut. „See“ bedeutet unter anderem sehen, erblicken oder auch ansehen.  Die beteiligten Verkehrskreise werden das Zeichen „See Brilliantly“ mit „sehe/sieh brillant“ oder „hervorragend/klar sehen“ ins Deutsche übersetzen. Selbst bei eingeschränkten Englisch-Kenntnissen werden die beteiligten Verkehrskreise die genannte Wortfolge als werbenden Hinweis auf eine Spitzenstellung verstehen.

„See brilliantly“ trifft daher für die von der Abweisung umfassten Waren- und Dienstleistungen eine Werbe-/Qualitätsaussage, sodass es von den maßgeblichen Verkehrskreisen wegen ihres eigentlichen Aussagegehalts in erster Linie als Beschreibung einer besonderen Qualität/Eigenschaft, nicht aber als im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises wahrgenommen wird.

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Beschluss des OLG Wien zu GZ 33R38/20f vom 19.08.2020

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke SEE BRILLIANTLY über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.2.2020, AM 10711/2019-4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Die Antragstellerin beantragte am 15.4.2019 die Eintragung der Wortmarke

SEE BRILLIANTLY

zuletzt für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen

5        Pharmazeutische Erzeugnisse, medizinische und veterinärmedizinische Präparate; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide;

9        Wissenschaftliche, Forschungs-, Navigations-, Vermessungs-, fotografische, Film-, audiovisuelle, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Detektions-, Prüf-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln oder Kontrollieren der Verteilung oder Nutzung von Elektrizität; Geräte und Instrumente zur Aufzeichnung, Übertragung, Wiedergabe oder Verarbeitung von Ton, Bild oder Daten; aufgezeichnete und herunterladbare Medien, Computersoftware, leere digitale oder analoge Aufzeichnungs- und Speichermedien; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechengeräte; Computer und Computerperipheriegeräte; Taucheranzüge, Tauchermasken, Ohrspöpsel für Taucher, Nasenklemmen für Taucher und Schwimmer, Taucherhandschuhe, Atemgeräte zum Tauchen; Feuerlöschgeräte;

10       Chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate; künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial; für Behinderte angepasste therapeutische und unterstützende Geräte; Massagegeräte; Apparate, Geräte und Gegenstände für Säuglinge; Apparate, Geräte und Gegenstände für die sexuelle Aktivität;

35       Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

37       Bauwesen; Reparatur- und Installationsdienstleistungen auf opthalmischem Gebiet;

41       Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

Mit Schreiben vom 8.7.2019 teilte die Rechtsabteilung des Patentamts der Antragstellerin mit, dass das Zeichen im Hinblick auf die von ihr beantragten Waren und Dienstleistungen nicht unterscheidungskräftig iS des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sei und forderte sie unter einem auf, binnen 2 Wochen den Nachweis der Verkehrsgeltung für das Zeichen für sämtliche Waren und Dienstleistungen in den Klassen 5, 9, 10, 35, 37 und 41 zu erbringen.

Auf dieses Schreiben hin erstattete die Antragstellerin mit Schreiben vom 25.9.2019 weiteres Vorbringen zur Unterscheidungskraft des Zeichens im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Die Rechtsabteilung gab mit Schreiben vom 7.1.2020 der Antragstellerin bekannt, dass die Bemängelung ua in der Klasse 5 für Desinfektionsmittel nicht aufrecht erhalten werde. Für alle anderen Waren bleibe die bereits mit Schreiben vom 8.7.2019 mitgeteilte Bemängelung aufrecht. Weiters führte das Patentamt inhaltlich noch aus, dass die beteiligten Verkehrskreise das aus der englischen Sprache stammende Zeichen mit „Sehe brilliant“ übersetzen und verstehen würden. Das Zeichen sei für die bemängelten Waren und Dienstleistungen nicht geeignet, um auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen. Das Zeichen werde von den beteiligten Verkehrskreisen als allgemeiner Hinweis auf die Waren und Dienstleistungen aufgefasst werden.

Mit Schreiben vom 30.1.2020 nahm die Antragstellerin dazu Stellung.

Mit dem bekämpften Beschluss vom 10.2.2020 wies die Rechtsabteilung den Antrag auf Eintragung des Zeichens in das Markenregister für die oben unterstrichenen Waren und Dienstleistungen ab, wobei im Spruch die (teilweise vormals beantragten) Dienstleistungen „Reparaturwesen, Installationsarbeiten auf dem ophtalmischen Gebiet“ aufgenommen wurden. Das Patentamt verweist zur Begründung seiner Entscheidung auf seine Beanstandung vom 7.1.2020. In diesem Schreiben führt das Patentamt die zuletzt von der Antragstellerin beantragten „Reparatur- und Installationsdienstleitungen auf dem ophtalmischen Gebiet“ ausdrücklich an. Im Zusammenhalt mit dem Inhalt des Schreibens vom 7.1.2020 bezieht sich daher dieser Teil der Abweisung auf die zuletzt beanspruchten Dienstleistungen „Reparatur- und Installationsdienstleitungen auf dem ophtalmischen Gebiet“, wovon schließlich auch die Antragstellerin in ihrem Rekurs ausgeht. Für die in der Klasse 9 beanspruchte Ware „Tauchermasken“ liegt (noch) keine Entscheidung vor.

Zur rechtlichen Beurteilung verwies, das Patentamt auf die in den Schreiben vom 8.7.2019 und 7.1.2020 angegebenen Gründe. Die Ausführungen der Antragstellerin vom 30.1.2020 seien durch die Ausführungen in der amtlichen Mitteilung vom 7.1.2020 erörtert worden.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, dass das angemeldete Zeichen in vollem Umfang unmittelbar als Marke registriert werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Soweit die Antragstellerin mit ihrem Rekursantrag die Eintragung des Zeichens im Hinblick auf sämtliche von ihr beantragten Waren und Dienstleistungen begehrt, ist auszuführen, dass das Patentamt mit der angefochtenen Entscheidung nur über einen Teil der beantragten Waren und Dienstleistungen entschied. Nur die von der bekämpften Entscheidung erfassten Waren und Dienstleistungen sind daher von der Prüfungsbefugnis des Rekursgerichts umfasst. Streitgegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist nämlich die Prüfung der Gesetzmäßigkeit, Richtigkeit und Vollständigkeit des Verfahrens und der angefochtenen Entscheidung, sei es die Sachanträge betreffend oder in prozessrechtlichen Angelegenheiten (Konecny in Fasching/Konecny3 IV/1 Einleitung IV/1 ZPO Rz 19).

2.1. Zur Mängelrüge:

Die Antragstellerin bringt vor, dass die angefochtene Entscheidung mangelhaft begründet sei, weil sie die Abweisung des Begehrens nur mit dem Hinweis auf zwei vorangegangene Beanstandungen (vom 8.7.2019 und 7.1.2020) begründet habe und die ausführliche Äußerung der Antragstellerin vom 30.1.2020 als durch die Beanstandung vom 7.1.2020 bereits erledigt abgetan worden sei. In der Beanstandung vom 7.1.2020 seien zwar einige Waren und Dienstleistungen vom ursprünglich behaupteten Fehlen der Unterscheidungskraft ausgenommen, jedoch seien aus den übrigen Waren und Dienstleistungen nur einzelne exemplarisch herausgegriffen worden und für die restlichen nur der Pauschalvorwurf, das Zeichen sei zweckbestimmend, aufrecht geblieben.

Die Ware „Desinfektionsmittel“ sei vom abweisenden Beschluss (wieder) erfasst, obwohl sie in der fortgesetzten Beanstandung vom 7.1.2020 von der Bemängelung bereits ausgenommen worden sei.

2.2. Der Begründungsmangel nach § 57 Z 1 AußStrG ist nach § 55 Abs 3 AußStrG von Amts wegen wahrzunehmen und wirkt absolut, führt also ohne Rücksicht darauf zur Aufhebung, ob sich der Mangel auf die Richtigkeit der Entscheidung ausgewirkt hat. Diese Konstruktion rückt die Bestimmung sehr stark in die Nähe der Nichtigkeitsgründe nach der ZPO. Abweichend von der ZPO ist aber im vorliegenden Fall die Aufhebung nicht zwingend, sondern in das Ermessen des Rekursgerichts gestellt (G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 57 Rz 4).

Die für die Entscheidung maßgebliche (rechtliche) Begründung der angefochtenen Entscheidung ergibt sich – mit Ausnahme für die Ware „Desinfektionsmittel“ – daher aus der angefochtenen Entscheidung im Zusammenhalt mit den der Antragstellerin zugegangenen Schreiben vom 8.7.2019 und 7.1.2020. Das Rekursgericht sieht keinen Anlass, von der Praxis abzugehen, die es seit seiner Installierung als Rechtsmittelgericht für alle Entscheidungen des Patentamts (also seit 2014) übt und die darin besteht, den Verweis auf den Inhalt von Amtsschreiben, die den Parteien zugegangen sind, in erstinstanzlichen Entscheidungen zu tolerieren.

Bei der Markenprüfung kann sich die zuständige Behörde auf eine globale Begründung für alle betroffenen Waren oder Dienstleistungen beschränken, wenn dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder einer Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird. Der Bezug zwischen dem Zeichen und den Waren und Dienstleistungen ist umso weniger detailliert zu prüfen, je mehr Waren und Dienstleistungen von der jeweiligen Marke umfasst sind. Eine Mangelhaftigkeit liegt daher nicht vor.

2.3.1. Die Antragstellerin weist zu Recht darauf hin, dass die Begründung des Patentamts in Bezug auf die Ware der Klasse 5 „Desinfektionsmittel“ widersprüchlich ist.

Im Schreiben vom 8.7.2019 bemängelte das Patentamt die Eintragung der angemeldeten Marke ua auch für alle Waren der Klasse 5 mit dem Argument, dass die angemeldete Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nur als allgemeiner Hinweis auf die Bestimmung/das Thema der Waren und Dienstleistungen zu verstehen sei. Die angemeldete Marke sei keine auf ein bestimmtes Unternehmen hinweisende phantasiehafte Marke. Das Patentamt forderte die Antragstellerin unter einem auf, nunmehr einen Verkehrsgeltungsnachweis zu erbringen. Daraufhin brachte die Antragstellerin im Schriftsatz vom 25.7.2019 ua vor, dass in Bezug auf Desinfektionsmittel eine Anpreisungsassoziation keineswegs naheliege. Im Schreiben vom 7.1.2020 hielt das Patentamt in der weiteren Folge ua fest, das die Bemängelung für die Ware „Desinfektionsmittel“ nicht mehr aufrecht erhalten werde. Mit dem bekämpften Beschluss wies das Patentamt unter Verweis auf die Begründung in den Schreiben vom 25.7.2019 und 7.1.2020 die Eintragung der beantragten Marke für die Ware „Desinfektionsmittel“ ab.

2.3.2. Nach § 57 Z 1 AußStrG ist der angefochtene Beschluss aber nur dann aufzuheben, wenn dadurch der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenen Kosten voraussichtlich erheblich verringert werden und die Fassung des Beschlusses so mangelhaft ist, dass seine Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann, der Beschluss mit sich selbst in Widerspruch steht oder keine Begründung enthält und diesen Mängeln durch eine Berichtigung des Beschlusses nicht abgeholfen werden kann. Selbst wenn ein Begründungsmangel in diesem Sinne vorliegt, darf eine Zurückweisung nur erfolgen, wenn dadurch der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenden Kosten erheblich verringert würden (vgl 6 Ob 246/07f). Im vorliegenden Fall verringern sich aber durch die Zurückverweisung weder die Kosten noch der Verfahrensaufwand, sodass es im vorliegenden Fall beim allgemeinen Grundsatz der Sachentscheidung durch das Rekursgericht zu bleiben hat (G. Kodek aaO Rz 8).

Zudem ist die Frage, ob ein Zeichen zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich ist, eine Rechtsfrage, wenn – wie hier vorliegend – zu deren Beurteilung die allgemeine Lebenserfahrung des Richters oder dessen Fachwissen ausreicht. Auf die im Rekurs erhobenen inhaltlichen Einwendungen gegen die in diesem Punkt erfolgte Abweisung wird in Punkt 4.3. eingegangen.

3.1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C-108/97Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; C-398/08Vorsprung durch Technik; C-104/01Orange, Rn 62; EuG T-471/07, Tame it, Rn 15 mwN; RS0118396; 4 Ob 10/14wJimi Hendrix; 4 Ob 49/14fMy TAXI).

3.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06aShopping City mwN; RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung verhindert, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (OBm 3/12Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11, Starsat; OBm 1/13Malzmeister mwN; ähnlich RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl C-104/01Orange, Rn 58 und 59; C-64/02Das Prinzip der Bequemlichkeit).

3.3. Ob die Unterscheidungskraft vorliegt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit zu prüfen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 53 ff; 4 Ob 10/14wJimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 64 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 8 Rz 73; C-104/01Orange, Rn 46 und 63; RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]).

3.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (C-304/06Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgeblichen Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen (C-304/06 P, Eurohypo, Rn 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (C-363/99Postkantoor, Rn 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OM 10/09Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14tEXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14fMy TAXI).

3.5. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RS0066456; 4 Ob 26/93Smash).

3.6. Der EuGH hat darüber hinaus auch ausgesprochen, dass nicht nur die Eintragung einer ausschließlich beschreibenden Wortverbindung, sondern auch einer solchen Wortverbindung unzulässig ist, die geeignet ist, von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren- oder Dienstleistungen verwendet zu werden (C-191/01 P, Doublemint Rn 32). Dies erklärt sich aus der Überlegung, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, dass Zeichen oder Angaben, die Waren- oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können, weshalb es nicht erlaubt ist, dass solche Zeichen oder Angaben einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (C-191/01 P, Doublemint, Rn 31; C-265/00Biomild, Rn 36).

4.1. Soweit die Antragstellerin moniert, dass die Unterscheidungskraft eines Zeichens am Begriff des Warenverzeichnisses zu messen sei und nicht an einem diesem „allenfalls subsumierbaren, speziellen Unterbegriff“ ist auszuführen, dass im Abkommen von Nizza die Waren und Dienstleistungen in Klassen eingeteilt werden, um die Eintragung der Marken zu erleichtern. Jeder Klasse gehören verschiedene Waren oder Dienstleistungen an. Ein Unternehmen kann zwar die Eintragung einer Marke für alle in einer solchen Klasse enthaltenen Waren oder Dienstleistungen beantragen, ist aber durch keine Bestimmung der Richtlinie daran gehindert, diese Eintragung nur für bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu beantragen. Ebenso kann die zuständige Behörde, wenn die Eintragung einer Marke für eine ganze Klasse des Abkommens von Nizza beantragt wird, nur für bestimmte zu dieser Klasse gehörende Waren oder Dienstleistungen eintragen, zB wenn der Marke hinsichtlich der anderen im Antrag genannten Waren oder Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehlt. Wird hingegen – wie hier vorliegend – die Eintragung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen beantragt, so ist es dagegen nicht zulässig, dass die zuständige Behörde die Marke nur insoweit einträgt, als die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ein bestimmtes Merkmal nicht aufweisen (C-363/99Postkantoor Rn 111 ff).

4.2. Die Schutzfähigkeit von „See Brilliantly” ist davon abhängig, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerung erschließen können und als Hinweis auf die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen verstehen (RS0109431). Adressierte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten oder Abnehmer für die beantragten Waren und/oder Dienstleistungen, also nicht nur die Fachkreise (pharmazeutischer Fachhandel, Apotheker, Drogisten, Wirtschaftstreibende), sondern auch die normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (RS0079038).

4.3. Nach Ansicht des Rekursgerichts werden die beteiligten Verkehrskreise im Zeichen „See Brilliantly“ eine Wortfolge der englischen Sprache erkennen und grundsätzlich mit „sehe/sieh brillant“ oder „hervorragend oder klar sehen“ übersetzen. Im täglichen Sprachgebrauch wird das Adjektiv „brilliantly“ als brillant, glänzend oder auch als ausgezeichnet, hervorragend oder sehr gut verstanden werden. Das Verb „see“ bedeutet ua sehen, erblicken oder auch ansehen.

Bei eingeschränkten Kenntnissen der englischen Sprache oder nur oberflächlicher Übersetzung werden die beteiligten Verkehrskreise die genannte Wortfolge auch als – nicht auf das Sehen eingeschränkten – werbenden Hinweis, sondern auf eine allgemein herausragende Spitzenstellung verstehen. „See brilliantly“ wird dann als Aufforderung, die hervorragende Eigenschaft zu sehen, interpretiert. Das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen kann entscheidend sein und das Registrierungshindernis bewirken. Dies auch ungeachtet des Umstands, dass es sich um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (vgl 4 Ob 77/15zAMARILLO). Das Eintragungshindernis darf in keinem dieser Kreise vorliegen.

Von einer ungewöhnlichen Wortverbindung (vgl C-383/99Baby Dry, ÖBl 2002, 43) geht das Rekursgericht entgegen dem Rechtsmittelvorbringen in Bezug auf die beanspruchten Waren- und Dienstleistungsklassen daher nicht aus.

Wie im Eintragungsverfahren zu prognostizieren ist, liegt es für den angesprochenen Verkehrskreis nahe, dass das Zeichen angesichts des beanspruchten und von der Antragstellerin selbst definierten Schutzumfangs ohne relevante Gedankenoperation als werbemäßige Anpreisung im Hinblick auf die vom Anbieter besonders ausgewählte Produktqualität und/oder ihrer Wirkungsweise wahrgenommen oder aufgefasst werden. Das trifft auch auf die in der Klasse 5 beanspruchte Ware „Desinfektionsmittel“ zu. Auch hier werden die beteiligten Verkehrskreise ganz allgemein eine hervorragende Wirkungsweise erwarten.

Hinzu tritt, dass Desinfektionsmittel auch zur Desinfektion von Kontaktlinsen verwendet werden. Die beteiligten Verkehrskreise werden in diesem Fall eine besonders effektive Reinigung und Desinfektion ihrer Kontaktlinsen erwarten, was wiederum die Grundlage für gutes Sehen ist. In diesem Zusammenhang enthält die Wortfolge auch in Bezug auf die Ware „Desinfektionsmittel“ eine allgemeine, ohne weiteres erkennbare Aussage über die bezeichnete Ware.

„See brilliantly“ trifft daher für die von der Abweisung umfassten Waren- und Dienstleistungen eine Werbe-/Qualitätsaussage, sodass es von den maßgeblichen Verkehrskreisen wegen ihres eigentlichen Aussagegehalts in erster Linie als Beschreibung einer besonderen Qualität/Eigenschaft, nicht aber als Marke – im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises – wahrgenommen wird (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 106; OLG Wien, 133 R 139/19t, selectiv).

Die Mehrdeutigkeit der Angabe ist für sich allein kein ausreichender Grund, den beschreibenden Charakter einer Marke zu verneinen, solange eine der Bedeutungen (oder auch mehrere) beschreibend ist (4 Ob 38/06aShopping City17 Ob 15/07s). Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu prüfen. Ihre Schutzfähigkeit ist als bloß beschreibend zu verneinen, wenn der Satz oder Satzteil nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthält, die sie beschreibt (EuGH Rs 517/99, Bravo, Rn 40; vgl Rs C-64/02Das Prinzip der Bequemlichkeit, Rn 31 ff).

5. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, die über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist (RS 0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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