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Direkte Übersetzungen eines anderssprachigen Wortes für Markennamen sind ungültig, da sie als beschreibend gelten.

Im aktuellen Fall zum Markenrecht beantragte die Antragstellerin die Eintragung der Wortmarke “CARBOTONIC” für die Klassen 5 (Nahrungsergänzungsmittel) und 32 (Proteinangereicherte Sportgetränke).

Der Antrag auf Registrierung wurde abgewiesen. Wie kam es dazu?

Zusammenfassung

Von der Registrierung als Marke sind Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand des Gesamteindrucks der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Eine Marke ist unterscheidungskräftig, wenn sie von den beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren/Dienstleistungen aufgefasst werden kann. Bei Wortmarken ist Unterscheidungskraft gegeben, wenn es sich um frei erfundene Phantasiewörter oder Zeichen des allgemeinen Sprachgebrauchs, die mit der bestimmten Ware nicht im Zusammenhang stehen, handelt. Das gilt für deutsch- bzw. fremdsprachige Begriffe gleichermaßen. Jedenfalls nicht unterscheidungskräftig sind beschreibende Zeichen, wenn also die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt sofort erschließen können und darin eine Aussage über Art, Beschaffenheit oder sonstige Eigenschaft der Ware/Dienstleistung erblicken.

Im konkreten Fall ist die Wortmarke “CARBOTONIC” nicht unterscheidungskräftig. Da der englische Kurzbegriff für Kohlehydrate “carbs” ist und der ebenso englische Begriff “tonic” korrekt übersetzt Stärkungsmittel heißt. Die beteiligten Verkehrskreise verstehen daher “CARBOTONIC” nur als einen informativen Hinweis. Etwa als ein kohlehydratreiches Stärkungsmittel.

Fremdsprachige Begriffe sind im Grunde so zu behandeln wie deutsche. Vor allem bei gebräuchlichen und bekannten Wörtern geht man davon aus, dass ein Großteil diesen problemlos einen Sinn zuordnen kann. Daher gilt die Wortmarke “CARBOTONIC” somit als beschreibend und dem Zeichen kommt insgesamt keine Unterscheidungskraft zu.

Beschluss des OLG Wien zu GZ 33R9/22v vom 11.02.2022

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke CARBOTONIC über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 29.10.2021, AM 11882/2021-2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke CARBOTONIC in diesen Warenklassen und mit diesem Schutzumfang:

5        Nahrungsergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel für diätetische Zwecke; flüssige Nahrungsergänzungsmittel; mineralische Nahrungsergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel aus Spurenelementen, Vitaminen und Kohlenhydraten; Nahrungsergänzungsmittel für Sportler.

32       Protein-angereicherte Sportgetränke; Mineralstoff-angereicherte Sportgetränke; isotonische Getränke; alkoholfreie Getränke; Sportgetränke; Sportgetränke mit Elektrolyteanteilen.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag ab. Begründend verwies es darauf, dass im Bereich der Ernährung Carbo für Kohlehydrate und Tonic für Stärkungsmittel stehe. Die beteiligten Verkehrskreise würden das angemeldete Zeichen nur als einen informativen Hinweis darauf sehen, dass die so bezeichneten Waren kohlehydratreiche Stärkungsmittel seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss abzuändern und die Wortmarke in das Markenregister einzutragen; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als Hinweis auf eine betriebliche Herkunft nicht erfüllen (RS0132933RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749Koppensteiner, Markenrecht4 82), und zwar für die konkreten Waren und Dienstleistungen, für die es angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), idR also der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Waren und Dienstleistungen (RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64-65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; Koppensteiner, aaO 83).

2. Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörtern im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644). Die Unterscheidungskraft fehlt, wenn die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen als Information über die Art der mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen (C-304/06 P, Eurohypo). Sind die Bestandteile einer Wortkombination nicht unterscheidungskräftig, ist es die Wortkombination nur dann, wenn ihr Sinngehalt über die Summe ihrer Bestandteile hinausgeht (C-265/00Biomild; ähnlich 4 Ob 78/18aSchneewette, für beschreibende Zeichen). Die Wortverbindung muss ein zusätzliches Merkmal – eine grafische oder inhaltliche Änderung – aufweisen, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen lässt, die Waren und Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-104/00 P, Companyline).

3. Fremdsprachige Begriffe sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige (Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 224). Ob sie unterscheidungskräftig sind, hängt somit davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05scar care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07yAnti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14tEXPRESSGLASS). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04wPowerfood; 4 Ob 28/06fFirekiller; 4 Ob 38/06aShopping City).

4. Vor diesem Hintergrund begegnet der angefochtene Beschluss keinen Bedenken: Carbo ist das englische Kurzwort für Kohlehydrat. Tonic steht sowohl in der deutschen als auch in der englischen Sprache für eine mit Kohlensäure und Chinin versetzte, leicht bitter schmeckende Limonade. Der englische Begriff Tonic wird auch mit Stärkungsmittel übersetzt. Die beteiligten Verkehrskreise – SportlerInnen und/oder an Nahrungsergänzungsmitteln und/oder einer bewussten Ernährung interessierte Personen – kennen die Begriffsinhalte Kohlehydrat und Stärkungsmittel, auch weil Englisch in Österreich die geläufigste Fremdsprache ist. Als Limonade ist Tonic überhaupt allgemein bekannt. Die Wortverbindung Carbotonic ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung, das Rekursgericht sieht aber im Hinblick auf die von der Anmeldung umfassten Waren – im Wesentlichen Nahrungsergänzungsmittel und Sportgetränke – keinen Hinweis auf einen Sinngehalt der Wortverbindung, der über die Summe seiner Bestandteile hinausgehen würde. Die beteiligten Verkehrskreise sehen das angemeldete Zeichen nicht als Phantasiebezeichnung an, sondern als die Kombination zweier ihnen bekannter Wörter: Sie verstehen es ausschließlich als Hinweis darauf, dass die damit gekennzeichneten Waren kohlehydratreiche Stärkungsmittel und/oder kohlehydratreiche Limonaden sind, und nicht als Herkunftshinweis. Sie messen dem angemeldeten Zeichen also einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt bei.

5. Die Argumente der Antragstellerin überzeugen das Rekursgericht nicht: Sie führt den – zum Eintragungshindernis des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG entwickelten – Grundsatz ins Treffen, dass Zeichen schützbar sind, die nur Andeutungen über die Beschaffenheit der Waren und Dienstleistungen enthalten, also nur phantasiehaft oder im übertragenen Sinn auf bestimmte Eigenschaften hinweisen. Das angemeldete Zeichen enthält aber keine bloßen Andeutungen, sondern kombiniert zwei den beteiligten Verkehrskreisen gerade im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren bekannte Wörter. Ein zusätzliches Merkmal – eine grafische oder inhaltliche Änderung –, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen lässt, die gekennzeichneten Waren von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden, fehlt. Die beteiligten Verkehrskreise müssen daher auch keine gedanklichen Schlussfolgerungen anstellen, sondern können die Beziehung zwischen der Wortkombination und den Wareneigenschaften unmittelbar herstellen. Im Übrigen zieht die Antragstellerin die beteiligten Verkehrskreise zu weit: Den Beurteilungsmaßstab bilden nicht alle deutschsprachigen Durchschnittsverbraucher, sondern nur jene, die als Erwerber der Waren in Betracht kommen; dies ist so auch dem von der Antragstellerin verkürzt wiedergegebenen RS0079038 zu entnehmen. Es geht also um die Durchschnittsverbraucher der von der Antragstellerin angebotenen Waren. Dies sind, wie oben erörtert, im Wesentlichen SportlerInnen und/oder an Nahrungsergänzungsmitteln und/oder einer bewussten Ernährung interessierte Personen. Diesen erschließt sich die Bedeutung von Carbotonic ohne Weiteres; das angemeldete Zeichen hat damit entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch kein Minimum an konkreter Unterscheidungskraft. Mit ihrem Vorbringen, die Wortkombination sei unüblich, auf dem Markt bisher noch nicht zur Verfügung gestanden, in ihrer Zusammensetzung und Struktur ungewöhnlich und der deutschen Sprache unbekannt, gelingt es der Antragstellerin schließlich nur darzulegen, dass Carbotonic eine sprachliche Neuschöpfung ist. Das Rekursgericht zieht dies nicht in Zweifel. Auch eine sprachliche Neuschöpfung ist aber nicht jedenfalls schützbar, sondern nur unter den oben dargelegten Voraussetzungen, die hier nicht erfüllt sind.

6. Die Entscheidung der Rechtsabteilung bedarf somit keiner Korrektur.

7. Aufgrund der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt EUR 30.000 übersteigt (§ 59 Abs 2 AußStrG).

8. Da die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

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