Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf die Waren/Dienstleistungen & die Anschauung der beteiligten Verkehrskreise zu prüfen.

Im aktuellen Fall beantragte die Antragstellerin die Registrierung einer Wortmarke.

Die Antragstellerin beantragte die Registrierung der Wortmarke „Social Media King“ für Dienstleistungen der Klassen 35 (Werbung, Marketing), 41 (Bildung) und 42 (Design, Programmierung).

Der Antrag auf Registrierung wurde abgewiesen. Wie kam es dazu?

Zusammenfassung

 Von der Registrierung sind jene Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand des Gesamteindrucks der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Eine Marke ist unterscheidungskräftig, wenn sie von den beteiligten Verkehrskreisen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren/Dienstleistungen aufgefasst werden kann.

Jedenfalls nicht unterscheidungskräftig sind beschreibende Zeichen, wenn also die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt sofort erschließen können und darin eine Aussage über Art, Beschaffenheit oder sonstige Eigenschaft der Ware/Dienstleistung erblicken.

Bei Wortmarken ist Unterscheidungskraft gegeben, wenn es sich um frei erfundene Phantasiewörter oder Zeichen des allgemeinen Sprachgebrauchs, die mit der bestimmten Ware nicht im Zusammenhang stehen, handelt. Das gilt für deutsch- bzw. fremdsprachige Begriffe gleichermaßen.

Der englische Begriff „king“ bedeutet übersetzt „König“ und wird in der Werbung auch als „der Beste“ in einem bestimmten Bereich bzw. als Anpreisung verstanden. Der englische Begriff „Social Media“ wird als „Soziale Medien“ übersetzt.

Im konkreten Fall bedeutet das Zeichen der Antragstellerin, der Beste bei der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der digitalen Medien und der Social Software zu sein. Das Zeichen der Antragstellerin ist daher nicht unterscheidungskräftig, denn es fehlt jeglicher Hinweis auf dessen Herkunft.

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Beschluss des OLG Wien zu GZ 33R76/20v vom 16.11.2020

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke Social Media King über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 12.6.2020, AM 11772/2019-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Die Antragstellerin begehrt die Eintragung der Wortmarke

Social Media King

für die Dienstleistungen der Klassen

35Werbung; Werbung, Marketing und Verkaufsförderung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Verbreitung von Werbung; Verbreitung von Werbung für Dritte; Verbreitung von Werbung mittels Online-Kommunikationsnetzen; Verbreitung von Werbeanzeigen über das Internet; Zur Verfügung stellen von Werbeflächen, Werbezeiten und Werbeträgern; Vermittlung und Vermietung von Werbeflächen im Internet; Online-Werbung; Online-Werbung in computergestützten Kommunikationsnetzen; Werbung, einschließlich Online-Werbung über ein Computernetz; Online-Werbung für Computernetze und Websites; Online-Werbung über ein computergestütztes Kommunikationsnetz; Online-Werbung für Dritte über elektronische Kommunikationsnetze; Zusammenstellung von Werbeanzeigen; Zusammenstellung von Werbeanzeigen für das Internet; Zusammenstellung von Werbeanzeigen zur Verwendung auf Webseiten; Zusammenstellung von Werbeanzeigen zur Verwendung auf Webseiten im Internet; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Zusammenstellung von Verzeichnissen zur Veröffentlichung im Internet; Zusammenstellung von Verzeichnissen zur Veröffentlichung in einem weltweiten Computernetz oder im Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte; Organisation von Veranstaltungen zu Reklame- und Werbezwecken; Organisation von Veranstaltungen, Ausstellungen, Messen und Shows für kommerzielle, verkaufsfördernde und Werbezwecke.
41Bildung, Erziehung und Unterricht; Organisation und Veranstaltung von Seminaren; Veranstaltung, Durchführung und Organisation von Seminaren; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltung von Workshops; Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Wirtschafts-, Handels- und Geschäftskonferenzen; Coaching.
42Designdienstleistungen; Grafikdesign; Programmierung von Webseiten; Programmierung von Multimedia-Anwendungen; Programmierung von Software für Websiteentwicklung; Programmierung von Software für Internetplattformen; Programmierung von Datenverarbeitungs- und Kommunikationssystemen; Programmierung von Software für E-Commerce-Plattformen.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag mit der Begründung ab, dass unter der Bezeichnung „Social Media“ digitale Medien und Methoden (Social Software) zu verstehen seien, die es den Nutzern ermöglichten, sich im Internet zu vernetzen und auszutauschen. Der englische Begriff „King“ bezeichne nicht nur einen monarchischen Würdenträger, sondern auch jemanden, der eine hervorragende Stellung einnehme. Diese Zeichenbestandteile hätten für die beanspruchten Dienstleistungen teils beschreibende und teils werbende Bedeutung.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin. Sie beantragt, die Entscheidung abzuändern und das angemeldeten Zeichen als Marke zu registrieren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist eine Registrierung ausgeschlossen, wenn das Zeichen ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Werts, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen kann.

2.1. Die Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (EuGH C-304/06 P, Eurohypo, Rn 69). Eine beschreibende Marke iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C-363/99Postkantoor, Rn 86). Insofern überschneiden sich die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (Om 10/09Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14fMy TAXI).

2.2. Ein Zeichen ist beschreibend, wenn es im normalen Sprachgebrauch der relevanten Verkehrskreise die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale kennzeichnet (Koppensteiner, Markenrecht4 71 mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz³ § 4 Rz 169 ff; RS0109431). Vom Registrierungsverbot sind nur Zeichen betroffen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos, ohne komplizierte Schlussfolgerungen (vgl 4 Ob 38/03xmusic-channel.cc) und ohne besondere Denkarbeit (vgl 4 Ob 10/03dMore II) erschlossen werden kann. Der beschreibende Charakter muss somit allgemein, zwanglos und ohne besondere Gedankenoperation erkennbar sein (Om 1/01, R. Lanerossi; EuGH C-326/01 P, Universaltelefonbuch; C-494/08 P, Pranahaus; RS0066456; RS0109431).

Im Allgemeinen führt es nicht zur Schutzversagung, wenn auf eine beschreibende Angabe nur angespielt oder ein der Ware oder Dienstleistung zu Werbezwecken zugeschriebenes Image angedeutet wird, wenn dies nicht über den erlaubten Bereich der Suggestion oder Anspielung hinausgeht (vgl 4 Ob 239/98w; RS0109431, RS0090799, RS0066456; 4 Ob 11/14t ua).

2.3. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RS0066644).

3. Der EuGH hat darüber hinaus auch ausgesprochen, dass nicht nur die Eintragung einer ausschließlich beschreibenden Wortverbindung, sondern auch einer solchen Wortverbindung unzulässig ist, die geeignet ist, von anderen Wirtschaftsteilnehmern zur Bezeichnung eines Merkmals ihrer Waren- oder Dienstleistungen verwendet zu werden (C-191/01 P, Doublemint, Rn 32). Dies erklärt sich aus der Überlegung, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, dass Zeichen oder Angaben, die Waren- oder Dienstleistungen beschreiben, von jedermann frei verwendet werden können, weshalb es nicht erlaubt ist, dass solche Zeichen oder Angaben einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (C-191/01 P, Doublemint, Rn 31; C-265/00Biomild, Rn 36).

4. Ob einer Fremdsprache entnommene Begriffe Kennzeichnungskraft besitzen, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Identifizierungsfunktion (Kennzeichnungsfunktion) ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 80/93Karadeniz mwN; 4 Ob 325/99vMANPOWER mwN; 4 Ob 277/04wPOWERFOOD).

5.1. Die Antragstellerin führt zusammengefasst ins Treffen, dass im Zeichen „Social Media King“ keine verkehrsübliche, unmittelbare Bezeichnung der beanspruchten Dienstleistungen zu sehen sei.

5.2. Der gängige englische Begriff „King“ wird vom Verkehr als „König“ übersetzt. Der Begriff „King“ wird in der Werbung auch lobend im Sinne von „der Beste in einem Bereich“ verwendet und kann als Anpreisung der Qualität der fraglichen Dienstleistungen verstanden werden (EuG T-85/19, KinGirls/King). Der englische Begriff „Social Media“ wird vom Verkehr mit „Soziale Medien“ übersetzt, darunter werden digitale Medien, aber auch Methoden – sogenannte Social Software – verstanden, die es Nutzern ermöglichen, sich im Internet zu vernetzen, sich also untereinander auszutauschen und mediale Inhalte einzeln, in einer definierten Gemeinschaft oder offen in der Gesellschaft zu erstellen und weiterzugeben. „Social Software“ ist eine Bezeichnung für Software, die der menschlichen Kommunikation und der Zusammenarbeit dient, zB im Zusammenhang mit Sozialen Medien (https://de.wikipedia.org/wiki/Social_Software).

Die Gesamtheit des Zeichens führt vorliegend nicht zu einem Bedeutungsgehalt, der über die Summe der Einzelelemente der Wortfolge hinausgeht. Das Zeichen ist aus sprachüblichen Begriffen zusammengesetzt und ergibt einen Sinn, nämlich „der Beste“ bei der Erbringung der beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der „digitalen Medien“ und der „Social Software“ zu sein.

5.3. Wie im Eintragungsverfahren zu prognostizieren ist, liegt es für den angesprochenen Verkehrskreis nahe, dass das Zeichen angesichts des beanspruchten und von der Antragstellerin selbst definierten Schutzumfangs ohne relevante Gedankenoperation als werbemäßige Anpreisung im Hinblick auf die besonders hohe Qualität der Dienstleistungen und/oder ihrer Wirkungsweise wahrgenommen oder aufgefasst wird.

Soziale Medien sind durchaus wichtige Plattformen für Werbedienste und werden oftmals auch zur Kundenkommunikation verwendet. Dieser Umstand hat beispielsweise im Berufsprofil des Bürokaufmanns/der Bürokauffrau Eingang gefunden (vgl § 2 Abs 1 lit 1d Bürokaufmann/Bürokauffrau-Ausbildungsordnung).

Der Verkehr wird daher die Dienstleistungen der Klasse 35 dahingehend interpretieren, dass die Antragstellerin Dienstleistungen für Unternehmen oder Influencer in besonders hoher Qualität erbringt, und zwar im Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Werbeauftritts auf einer Social Media Plattform oder um einen bestehenden Auftritt zu optimieren. Auch die Dienstleistungen „Geschäftsführung“, „Büroarbeiten“, „Unternehmensverwaltung“ und „Vermittlung von Verträgen“ können sich auf „Soziale Medien“ beziehen, die mit hoher Professionalität und Qualität erbracht werden.

Die Dienstleistungen der Klasse 41 betreffen einerseits die Organisation von Veranstaltungen (Seminare, Workshops, Konferenzen, Kongresse) und anderseits die Vermittlung von Bildung, die Erziehung und die Beratung (Coaching). Der Verkehr wird beim angemeldeten Zeichen im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen, welche die Organisation von Veranstaltungen betreffen, eine besonders hohe Qualität der von der Antragstellerin organisierten Veranstaltungen zum Thema „Social Media“ erwarten. Im Zusammenhang mit den von der Klägerin beanspruchten Dienstleistungen der Wissensvermittlung wird er erwarten, alles über digitale Medien und Social Software zu erfahren, den Umgang damit zu erlernen oder sich darüber auch nur auszutauschen. Social Media Portale haben sich in den letzten Jahren als Online-Netzwerk besonders unter Kindern und Jugendlichen in Österreich (und weltweit) etabliert. Der Verkehr wird unter der Dienstleistung „Erziehung“ im Zusammenhang mit dem beanspruchten Zeichen Dienstleistungen in besonders hoher Qualität verstehen, die sich an all jene richten, die mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu tun haben und die mehr über den pädagogisch richtigen Umgang mit diesen Medien oder den Einfluss von Sozialen Medien auf Kinder und Jugendliche erfahren wollen.

Grafikdesign ist eine Tätigkeit, Sprache, Gedanken und größere gedankliche Zusammenhänge mittels Typographie, Bild, Farbe und Material visuell darzustellen oder augenscheinlich vermittelbar zu machen (https://de.wikipedia.org/wiki/Grafikdesign). Grafikdesign und Designdienstleistungen sowie alle mit dem Programmieren einer Software im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen der Klasse 42 können im Zusammenhang mit „Social Media“ erbracht werden und sind daher neben der werbenden Aussage auch noch (großteils) beschreibend.

Die Entscheidung der Rechtsabteilung bedarf daher keiner Korrektur.

6. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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