Berechtigte Nichtbenutzung, wenn zur Benutzung kein ausreichender Zeitraum zwischen Markeneintragung und Klageerhebung vorlag.

Im aktuellen Fall beantragte die Antragstellerin die Löschung zweier Marken.

Der Antragsgegner ist Inhaber der beiden Bildmarken (AT 265777 und AT 265787) für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 14, 28, 32, 33, 41 und 43:

Dem Antrag wurde stattgegeben. Wie kam es dazu?

Zusammenfassung

Grundsätzlich kann jedermann die Löschung einer Marke beantragen, wenn diese nicht mehr benutzt wird, es sei denn, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann. Eine berechtigte Nichtbenutzung liegt etwa dann vor, wenn dem Markeninhaber zwischen der Eintragung der Marke und der Klageerhebung kein ausreichender Zeitraum zur Aufnahme der Benutzung zur Verfügung gestanden ist.

Im konkreten Fall liegt keine berechtigte Nichtbenutzung der Marken vor. Der Löschungsantrag (18.9.2014) wurde mehr als zweieinhalb Jahre nach der Markeneintragung (24.1.2012) erhoben. Es ist Sache des Markeninhabers, eine angemessene Bewertung seiner Chancen vorzunehmen, sich im Löschungsverfahren durchzusetzen, und dieser Bewertung entsprechend Schlussfolgerungen dahingehend zu ziehen, ob er seine Marke weiterhin verwenden soll. Der lange Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren zwischen der Registrierung und dem Einlangen des ersten Löschungsantrags weist daher auf eine ausreichende Zeitspanne hin, in der der Antragsgegner zumindest Vorbereitungshandlungen zur Markteinführung setzen hätte können. Die beiden Marken des Antragsgegners sind daher zu löschen.

Urteil des OLG Wien zu GZ 33 R 20/20h vom 20.05.2020

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Janschitz und den fachkundigen Laienrichter Patentanwalt DI Barger in der Markenschutzsache der Antragstellerin M*****, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Antragsgegner J*****, vertreten durch Dr. Sascha Salomonowitz, MBL-HSG, LL.M., Dr. Michael Horak, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, wegen Löschung der Bildmarken AT 265777 und AT 265787 über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 28.11.2018, Nm 17+18/2017-11-15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die mit der Berufung vorgelegten Urkunden werden zurückgewiesen.

II. Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird samt Kostenentscheidung dahin abgeändert, dass er insgesamt zu lauten hat:

„Den Löschungsanträgen wird stattgegeben und die Marke Nr. AT 265777 sowie die Marke Nr. AT 265787 jeweils mit Wirksamkeit vom 24.1.2017 gelöscht.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 7.589,24 (darin enthalten EUR 1.031,54 USt und EUR 1.404,60 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.»

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 2.051,40 (darin enthalten EUR 216,90 USt und EUR 750 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.

Die ordentliche Revision ist zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Löschung richtet sich gegen die Bildmarke

Diese Bildmarke wurde am 3.11.2011 angemeldet und am 24.1.2012 zu AT 265777 für die Waren und Dienstleistungen der folgenden Klassen eingetragen:

09       Hardware und Software insbesondere für Casino- und Glücksspielhallenspiele, für Glücksspielautomaten, Slotmaschinen, Video Lottery Spielautomaten mit oder ohne Gewinnauszahlung oder für Glücksspiele über Telekommunikationsnetze und/oder Internet mit oder ohne Gewinnauszahlung;

28       Casinoausrüstungen, nämlich Roulettetische, Rouletteräder; Casinospiele mit oder ohne Gewinnauszahlung, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen oder Glücksspiele mit oder ohne Gewinnauszahlung über das Internet bzw. über Telekommunikationsnetze, Glücksspiele mit oder ohne Gewinnauszahlung zur Verwendung in Telekommunikationsgeräten; Slotmaschinen und/oder elektronische Geldspielapparate mit oder ohne Gewinnmöglichkeit; Gehäuse für Slotmaschinen, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen; elektronische oder elektrotechnische Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten, Glücksspielmaschinen, Slotmaschinen welche durch Einwurf von Münzen, Jetons, Banknoten, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrischen Speichermedien betätigt werden, insbesondere für die gewerbliche Nutzung in Casinos und Glücksspielhallen mit oder ohne Gewinnauszahlung; Gehäuse für Slotmaschinen, Glücksspielgeräte, Glücksspielautomaten und Glücksspielmaschinen, durch Einwurf von Münzen, Jetons, Tickets oder mittels elektronischen, magnetischen oder biometrischen Speichermedien betätigt werden; elektrische, elektronische oder elektromechanische Geräte zur Durchführung von Bingospielen, Lotteriespielen oder Video Lottery Spielen und für Wettbüros, vernetzt oder unvernetzt; elektropneumatische und elektrische Ziehmaschinen (Spielautomaten);

41       Betrieb von Casinos oder Spielcasinos bzw. der Betrieb von Wettbüros, von Bingobüros und/oder Lotteriebüros; Betrieb von Spielstätten und Spielhallen und/oder Online Internet Casinos und Wettplattformen.

Am 28.11.2011 wurde die Bildmarke auch für die Waren und Dienstleistungen der nachfolgenden Klassen angemeldet und am 24.1.2012 zu AT 265787 registriert:

14       Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, so weit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente;

32       Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

33       Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere);

43       Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Catering und Bereitstellung von Speisen und Getränken für Cafes, Hotels und Restaurants.

Mit ihrem Antrag vom 20.4.2017 begehrt die Antragstellerin die Löschung der beiden zu AT 265777 und AT 265787 registrierten Marken. Der Antragsgegner benutze die Marken nicht ernsthaft kennzeichenmäßig. Die Nutzung der Bildmarke in London auf einem Aufsteller in einem Messestand und auf 5.000 Pins sei kein herkunftshinweisender Gebrauch. Das zweieinhalb Jahre nach der Eintragung eingeleitete Löschungsverfahren könne die Nichtbenutzung nicht rechtfertigen. Gleiches gelte für die von der Antragstellerin beim EUIPO anhängig gemachten Löschungsverfahren (9431C betreffend EUTM 10511723; 9432C betreffend EUTM 10433571) gegen die zeichengleichen Unionsmarken des Antragsgegners. Eine Kollision mit älteren Rechten gehöre zum normalen Unternehmerrisiko und könne ein Nichtbenutzung der Marke nicht rechtfertigen. Das Verfahren Nm 59 und 60/2017 sei nach einem Antrag des Antragsgegners unterbrochen. Die Antragstellerin habe die Fortsetzung beantragt. Eine Entscheidung der NA über diesen Antrag sei noch nicht ergangen. Es sei nicht absehbar, wann in diesem Verfahren eine Verhandlung stattfinde oder eine Entscheidung ergehen werde. Die Antragstellerin habe keine Unterlassungsklagen eingebracht, weil die Bildmarke nicht benutzt worden sei.

Der Antragsgegner wandte ein, dass er der Nutzung der Marken durch die N***** AG zugestimmt habe und er weiters einverstanden gewesen sei, dass die N*****-Unternehmensgruppe den Beginn der Markennutzung vorbereite. Um Kundenreaktionen und Marktverhalten zu erheben, sei das Zeichen im Rahmen der in London stattfindenden „ICE Totally Gaming Trade Show“ von 7.2.2017 bis 9.2.2017 verwendet worden. Den Kunden dieser Veranstaltung seien auch im Zusammenhang mit der Marke Speisen und Getränke angeboten worden. Zudem seien 4.000 Pins mit Nadel und 1.000 magnetische Pins eingesetzt worden, um die Reaktion der Kunden auf die Marken besser nachvollziehen zu können. Die Messe ziehe 30.000 Besuchern aus 150 Ländern (auch aus Österreich) an und sei das wichtigste Event in der Gaming-Branche.

Gegen die Bildmarken seien mehrere Löschungsanträge anhängig. Das in Österreich beim Patentamt zur Zahl Nm 59 und 60/2014 anhängige Löschungsverfahren sei unterbrochen. Der Antragsgegner gehe davon aus, dass die Bildmarke gültig registriert worden sei und durch die Benutzung keine Rechte der Antragstellerin verletzt worden seien. Dem Antragsgegner sei zwischen der Eintragung der Marke und der ersten Klageerhebung am 3.7.2014 nicht genügend Zeit für die Ermittlung und außergerichtliche Beilegung eventueller Kollisionslagen zur Verfügung gestanden, sodass die fünfjährige Schonfrist nahezu nicht genutzt habe werden können. Durch die Löschungsanträge der Antragstellerin sei die Verwendung der Marken unzumutbar.

Die Nichtigkeitsabteilung (NA) gab den Löschungsanträgen teilweise, und zwar hinsichtlich der Marke AT 265777 für die Klassen 9 und 28 und hinsichtlich der Marke AT 265787 für die Klassen 14, 32 und 33 statt und verpflichtete den Antragsgegner zum Kostenersatz. Die Löschungsanträge hinsichtlich der Marke AT 265777 für die Klasse 41 und hinsichtlich der Marke AT 265787 für die Klasse 43 wies es ab.

Dabei ging die NA von den auf den Seiten 12 und 14 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird.

Rechtlich folgerte die NA, dass der Antragsgegner die Marken nicht ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt habe. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 41 (AT 265777) und der Klasse 43 (AT 265787) sei die Nichtbenutzung der Bildmarken durch den Antragsgegner gerechtfertigt, weil zum Zeitpunkt der ersten Anfechtungsanträge die angegriffenen Marken zweieinhalb Jahre registriert gewesen sei und dem Markeninhaber bei einer Benutzungsaufnahme grundsätzlich eine Verletzungsklage drohe. Nach der ab 14.1.2019 herrschenden Rechtslage werde zudem der Beginn der Schonfrist für die Benutzung einer Marke für den Fall eines Widerspruchsverfahrens bis zum Verfahrensende hinausgeschoben. Wenn also ein Widerspruchsverfahren den Beginn der Benutzungsfrist hemme, sei davon auszugehen, dass auch Löschungsverfahren, die innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Registrierung anhängig gemacht werden, die Benutzungsfrist hemmen würden.

Diese Überlegungen bezögen sich aber nur auf die Dienstleistungen der Klassen 41 und 43, denn nur dagegen seien die Nichtigkeits- und Löschungsanträge gerichtet, mit denen der Antragsgegner die Nichtbenutzung rechtfertigen könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragstellerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht. Sie beantragt, der Berufung Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern dass den Löschungsanträgen auch hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 41 (AT 265777) sowie der Klasse 43 (AT 265787) stattgegeben werde; in eventu die Rechtssache im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die NA zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beteiligte sich nicht am Berufungsverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist berechtigt.

I. Die Vorlage von Urkunden im Berufungsverfahren ist aufgrund des Neuerungsverbots (§ 40 MschG, § 141 Abs 2 PatG iVm § 482 Abs 2 ZPO) unzulässig, weshalb die von der Antragstellerin mit der Berufung vorgelegten Urkunden zurückzuweisen sind.

II.:

1. Die von der NA der Entscheidung zugrundegelegte Feststellung, wonach die angegriffenen Marken nicht ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt worden seien (Beschluss Seite 22), blieb im Berufungsverfahren unbekämpft. Thema des Berufungsentscheidung ist somit nur die Frage, ob die Antragsgegnerin die Nichtbenutzung rechtfertigen kann.

2.1. Nach § 77f Abs 1 MSchG ist auf einen vor dem 14.1.2019 (Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 2018/91) eingereichten Löschungsantrag § 33a in der vor dem Inkrafttreten des genannten Bundesgesetzes geltenden Fassung anzuwenden.

2.2. Der Begriff der „berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung“ (Art 15 Abs 1, Art 51 Abs 1 lit a UMV) ist nach Maßgabe des europäischen Rechts einheitlich durch den EuGH auszulegen. Die „berechtigten Gründe“ sind nicht weit auszulegen, um den Zweck des Benutzungszwangs nicht zu gefährden (Eisenführ/Schennen, GMV4 Art 15 Rz 65). Nach der Rechtsprechung des EuGH können allein die Hindernisse, die einen ausreichend unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind, als „berechtigte Gründe“ für die Nichtbenutzung angesehen werden (C-246/05, Häupl/Lidl, Rn 55; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz12 § 26 Rz 125).

2.3. Die Einbringung einer Löschungsklage hindert den Markeninhaber grundsätzlich nicht an deren Nutzung (EuG 18.3.2015, T-250/13 Rz 71).

Die Kollision mit älteren Rechten Dritter ist nach bisher hM kein berechtigter Grund für die Nichtbenutzung, sondern soll zum normalen Unternehmensrisiko gehören (Ingerl/Rohnke, Markengesetz3 § 26 Rz 257). Bei Verletzungs- oder Löschungsklagen, die auf ältere Rechte Dritter gestützt sind, handelt es sich zwar um das allgemeine Unternehmerrisiko, es wird aber auch die Anwendung einer differenzierten Betrachtungsweise vertreten (Ingerl/Rohnke, Markengesetz3 § 26 Rz 257; darauf aufbauend Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz12 § 26 Rz 125).

So könne von einer berechtigten Nichtbenutzung ausgegangen werden, wenn dem Markeninhaber zwischen der Eintragung der Marke und der Klageerhebung kein ausreichender Zeitraum zur Aufnahme der Benutzung zur Verfügung gestanden sei. Ob von einem ausreichenden Zeitraum zur Aufnahme der Benutzung auszugehen sei, bemesse sich dabei nicht ohne Weiteres an der (ganzen) „Benutzungsschonfrist“, weil die Verpflichtung zur Aufnahme der Benutzung bereits während des Fünfjahreszeitraum bestehe (Ströbele aaO Rz 125, FN 346, in Abweichung von Ingerl/Rohnke aaO Rz 257). Auch sei dem Markeninhaber das Risiko bei erst später anhängig werdenden Kollisionsfällen zuzumuten, weil er genügend Zeit habe, die Kollisionsrisken auszuräumen (Ingerl/Rohnke aaO Rz 257).

Der Zeitraum der (berechtigten) Nichtbenutzung führt nicht zu einer Hemmung. Vielmehr ist eine wertende Gesamtbetrachtung des Verhaltens des Markeninhabers vorzunehmen (Stuckel in Schultz, Kommentar zum Markenrecht§ 26 Rz 45).

2.4. Selbst wenn man der Überlegung folgt, dass dem Markeninhaber ein „ausreichender Zeitraum“ bis zum Angriff auf die Marke verbleiben müsse, ist bei der Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen, welche Umstände den Antragsgegner dazu veranlassten, die Marken zwischen der Registrierung und dem Zeitpunkt der Löschungsanträge nicht zu benutzen. Die Behauptungs- und Beweislast für das Fehlen eines ausreichenden Zeitraums und die Gründe dafür liegt beim Markeninhaber.

Vorliegend wurde der Löschungsantrag (18.9.2014) mehr als zweieinhalb Jahre nach der Markeneintragung (24.1.2012) erhoben. Es ist Sache des Markeninhabers, eine angemessene Bewertung seiner Chancen vorzunehmen, sich im Löschungsverfahren durchzusetzen, und dieser Bewertung entsprechend Schlussfolgerungen dahingehend zu ziehen, ob er seine Marke weiterhin verwenden soll (vgl EuG 18.3.2015, T-250/13 Rz 71 ff). Aus dem Vorbringen des Antragsgegners lassen sich keine hinreichenden Gründe ableiten, dass ihm zwischen der Eintragung der Marke und dem ersten Löschungsantrag nicht genügend Zeit für die Aufnahme der Benutzung der Marken verblieben sei. Schließlich bringt der Antragsgegner zur Abwägung seiner Chancen im Löschungsverfahren selbst vor, dass er davon ausgehe, dass die angegriffenen Marken gültig registriert seien und ihre Benutzung keine Rechte der Antragstellerin verletze. Die N***** AG testete – trotz der anhängigen Löschungsverfahren – erstmals im Zeitraum vom 7.2.2017 bis 9.2.2017 (sohin mehr als fünf Jahre nach der Markenregistrierung) im Rahmen einer in London stattgefundenen Messe die Reaktionen der Kunden auf die Marke.

Der lange Zeitraum von rund zweieinhalb Jahren zwischen der Registrierung und dem Einlagen des ersten Löschungsantrags weist daher auf eine ausreichende Zeitspanne hin, in der der Antragsgegner zumindest Vorbereitungshandlungen zur Markteinführung setzen hätte können, die über seinen in den Jahren 2014-2015 festgestellten Auftrag an eine Mitarbeiterin der N***** AG zum Erstellen eines unternehmensinternen Konzepts hinausgehen. Weitere Umstände, aus denen sich eine andere Beurteilung ergeben könnte, wurden weder vom Antragsgegner ins Treffen geführt noch lassen sich solche dem zugrunde liegenden Sachverhalt entnehmen.

Die Änderung des § 33a MSchG durch BGBl I 2018/91, die die Benutzungsfrist um die Widerspruchsfrist und um die Dauer eines Widerspruchsverfahrens verlängert, brachte zu diesem Thema keine inhaltlichen Änderungen zur Abwägung, ob die Nichtbenutzung einer Marke gerechtfertigt ist.

Es war daher der Berufung Folge zu geben.

2.5. Die Abänderung der angefochtenen Entscheidung macht eine Neuberechnung der Verfahrenskosten erster Instanz erforderlich. Sie stützt sich auf § 35 Abs 5 MSchG iVm § 122 Abs 1 PatG sowie §§ 41 ZPO iVm § 5 Z 14 AHK. Der Antragstellerin, die keine Berufung im Kostenpunkt erhoben hat, waren im Hinblick auf die Teilrechtskraft der angefochtenen Entscheidung Kosten im dort zugesprochenen Ausmaß unter Berücksichtigung ihres vollständigen Obsiegens zuzusprechen.

3. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO iVm § 5 Z 14 AHK. Dem Berufungsverfahren lag zu beiden Marken je ein Löschungsantrag betreffend eine Warenklasse zugrunde. Ausgehend vom Gesamtstreitwert des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von EUR 43.200, der sich auf die beantragte Löschung der angegriffenen Marken betreffend drei und vier Warenklassen bezog, errechnet sich unter Zugrundlegung des kostenersatzrechtlichen Vereinfachungsprinzips (zu vergleichbaren Verbandsprozessen über AGB-Bestimmungen vgl etwa 9 Ob 73/17a) ein Berufungsinteresse von EUR 12.342,86. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren daher auf dieser Bemessungsgrundlage zuzusprechen.

4. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000.

5. Die ordentliche Revision ist gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil zu der in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Frage der allgemeinen Voraussetzungen eines ausreichenden Zeitraums zur Aufnahme der Benutzung zwischen der Eintragung einer Marke und der Erhebung eines Löschungsbegehrens durch Drittehöchstgerichtliche Rechtsprechung bisher – soweit überblickbar – fehlt.

Kostenloses Erstgespräch jetzt buchen

Jetzt Wunschtermin wählen:

Harlander & Partner

 

Gründung: 1953

Zulassungen: Österreich, Deutschland, EU

Standorte Österreich: 5

Standorte Deutschland: 1

Gesellschafter: 2

Rechtsanwälte: 7

Weitere Juristen: 2

Ihre Ansprechpartner