Im Rahmen der Unterscheidungskraft ist entscheidend, ob ein ausreichender Interpretationsaufwand anzunehmen ist, der verhindern würde, dass die Verkehrskreise vom Zeichen unmittelbar auf die Beschaffenheit der Dienstleistungen schließen würden.

Im aktuellen Fall beantragte die Antragstellerin die Eintragung einer Wortmarke.

Die Antragstellerin beantragte den Schutz ihrer internationalen Wortmarke (IR 1335020) „EMPOWERING INNOVATION TOGETHER“ in Österreich für die Dienstleistungen der Klasse 42 für für Bildungs- und Unterhaltungsdienstleistungen.

In der Anmeldung wird die Marke auch bildlich dargestellt wie folgt:

Der Antrag auf Eintragung wurde abgewiesen. Wie kam es dazu?

Zusammenfassung

Primäre Funktion einer Marke ist, Waren und Dienstleistungen eins Unternehmens von jenen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Liegt diese sog. Unterscheidungskraft nicht vor, ist die Marke von der Registrierung ausgeschlossen.

Bei Wortmarken ist Unterscheidungskraft gegeben, wenn es sich um frei erfundene Phantasiewörter oder Zeichen des allgemeinen Sprachgebrauchs, die mit der bestimmten Ware nicht im Zusammenhang stehen, handelt. Das gilt für deutsch- bzw. fremdsprachige Begriffe gleichermaßen.

Die gegenständliche Wortmarke „EMPOWERING INNOVATION TOGETHER“ heißt ins Deutsche übersetzt: Innovation gemeinsam stärken. Das Wort „innovation“ ist ident mit dem gängigen Fremdwort für „Erneuerung“. Das Wort „together“ ist allgemein bekannt, ebenso das Wort „empowering“, das das bekannte Wort „power“ enthält. Die Wortmarke informiert die Verkehrskreise lediglich über Inhalt und Ausgestaltung der angebotenen Dienstleistung, sie weißt diese jedoch nicht auf ein bestimmtes Unternehmen hin.

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Beschluss des OLG Wien zu GZ 33R115/20d vom 04.03.2021

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Gewährung des Schutzes der internationalen Wortmarke IR 1335020 EMPOWERING INNOVATION TOGETHER über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 19.8.2020, IR 705/2019-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

1. Die Antragstellerin ist Inhaberin der am 2.9.2016 registrierten internationalen Wortmarke IR 1335020

EMPOWERING INNOVATION TOGETHER

für die folgenden Dienstleistungen

41       Educational and entertainment services, namely, non-downloadable multimedia files containing audio, video and text programs about innovation accessible by web-based applications, mobile phone applications and computer networks; educational and entertainment services, namely, a multimedia program series about innovation distributed via various platforms across multiple forms of transmission media; providing online non-downloadable videos and publications in the fields of innovation and electronics, accessible via a website; providing on-line non-downloadable education and entertainment information in the fields of innovation and electronics, accessible via a website.

         [Bildungs- und Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich nicht herunterladbare Multimediadateien mit Audio-, Video- und Textprogrammen über Innovationen, auf die webbasierte Anwendungen, Mobiltelefonanwendungen und Computernetzwerke zugreifen können; Bildungs- und Unterhaltungsdienste, nämlich eine Multimedia-Programmreihe über Innovation, die über verschiedene Plattformen über verschiedene Formen von Übertragungsmedien verteilt wird; online-Bereitstellung von nicht herunterladbaren Videos und Publikationen in den Bereichen Innovation und Elektronik, die über eine Website zugänglich sind; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Online-Bildungs- und Unterhaltungsinformationen in den Bereichen Innovation und Elektronik, die über eine Website zugänglich sind.]

In der Anmeldung wird die Marke wie folgt auch bildlich dargestellt:

Die Antragstellerin geht im Rekurs von der Eigenschaft als Wortmarke („Wortzeichen“) aus.

2. Mit dem angefochtenen Beschluss verweigerte die Rechtsabteilung dem Zeichen den Schutz in Österreich mit der Begründung, dem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft und die registrierten Wörter enthielten nur eine Anpreisung im Hinblick auf das Thema der Dienstleistungen.

3. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Antragstellerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und auch vorträgt, das Zeichen sei kraft Verkehrsgeltung registrierbar.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

4.1 Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RS0132933; RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RS0118396). Ob ein Zeichen unterscheidungskräftig ist, ist anhand seines Gesamteindrucks zu beurteilen (RS0066749; Koppensteiner, Markenrecht4 82), und zwar für die konkreten Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 53 ff). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RS0079038), idR also der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der jeweiligen Dienstleistungen (RS0114366 [T5]; Asperger, aaO Rz 64-65; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; Koppensteiner, aaO 83).

4.2 Bei Wortmarken bejaht die Rechtsprechung die Unterscheidungskraft nur bei frei erfundenen, keiner Sprache angehörenden Phantasiewörtern (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die beteiligten Verkehrskreise die Wörter als Phantasiebezeichnungen auffassen (RS0066644). Sind die Bestandteile einer Wortkombination nicht unterscheidungskräftig, ist es die Wortkombination nur dann, wenn ihr Sinngehalt über die Summe ihrer Bestandteile hinausgeht (EuGH C-265/00Biomild).

Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C-304/06 P, Eurohypo, Rn 69).

4.3 Fremdsprachige Begriffe, die hier zu beurteilen sind, sind im Allgemeinen so zu behandeln wie deutschsprachige. Ob sie unterscheidungskräftig sind, hängt somit davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05scar care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07yAnti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14tEXPRESSGLASS). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04wPowerfood; 4 Ob 28/06fFirekiller; 4 Ob 38/06aShopping City).

4.4 Die Kenntnis der englischen Sprache ist in Österreich weit verbreitet, vor allem in Bezug auf das gängige Vokabular, umso mehr, wenn es – wie hier – auch den bekannten Fremdwörtern ähnlich ist.

5. Das Zeichen, für das Schutz gewährt werden soll, heißt ins Deutsche übersetzt: Innovation gemeinsam stärken. Das Wort „innovation“ ist ident mit dem gängigen Fremdwort für „Erneuerung“. Das Wort „together“ ist allgemein bekannt. Auch das Wort „empowering“, das das bekannte Wort „power“ enthält, stößt auf keine Übersetzungsprobleme.

Die Antragstellerin trägt dazu im Rekurs vor, das Zeichen verlange einen Interpretationsaufwand des Publikums, sei originell, prägnant und daher auch merkfähig. Die Frage der „Merkfähigkeit“ ist für die Unterscheidungskraft bedeutungslos, denn die Menschen merken sich eine große Zahl von Wörtern, ohne dass ihnen in jedem Fall eine markenrechtliche Unterscheidungskraft zukommt. Die Originalität und die Prägnanz sind für sich genommen auch keine Kriterien, denn entscheidend ist die Frage, ob ein ausreichender Interpretationsaufwand anzunehmen ist, der verhindern würde, dass die Verkehrskreise vom Zeichen unmittelbar auf die Beschaffenheit der Dienstleistungen schließen würden. Dies ist im konkreten Fall nicht gegeben, denn das Verständnis des Zeichens, wie es oben schon dargelegt ist, erfordert kein Nachdenken und keinen Aufwand der Interpretation. Die sprachlichen Erläuterungen der Antragstellerin über die gängige Verwendung von „together“ als Adjektiv oder als Adverb vollzieht das Rekursgericht nicht nach. Grammatikalische Spitzfindigkeiten würden die beteiligten Verkehrskreise nicht verfolgen, wenn sie im Wort „together“ den allgemeinen Begriff für „gemeinsam“ erblicken. Auch das Rekursgericht ist der Meinung, dass das Wort „together“ auf „empowering“ bezogen wird, und dass die „innovation“ als das Objekt dieser „gemeinsamen Stärkung“ erkannt wird.

Bezogen auf die Dienstleistungen, für die das Zeichen eingetragen wurde, birgt die Formulierung „gemeinsam (die) Innovation stärken“ ohne jede Notwendigkeit einer gedanklichen Überbrückung die Beschreibung entweder der Dienstleistungen selbst oder der Wirkung, die die so beschriebenen Bildungsdienstleistungen herbeiführen sollen.

Dem Zeichen fehlt daher die Eigenschaft, die Verkehrskreise auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen, weil es vielmehr primär nur geeignet ist, die Verkehrskreise über den Inhalt und die Ausgestaltung der angebotenen Dienstleistungen zu informieren.

6. Dass die Behörden anderer Länder zu anderen Ergebnissen gekommen sind, wie im Rekurs vorgetragen wird, entfaltet keine Präjudizwirkung für das vorliegende Verfahren (4 Ob 11/14tEXPRESSGLASS; RS0125405; C-37/03 P, BioID, Rz 47; vgl auch Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 4 Rz 71 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 70).

7. Die Behauptung, das Zeichen sei kraft seiner Bekanntheit unterscheidungskräftig, äußert die Antragstellerin erstmals im Rekurs, was wegen des im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbot nicht zum Thema der Rekursentscheidung gemacht werden kann.

Die Entscheidung der Rechtsabteilung bedarf somit keiner Korrektur.

8.1 Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 30.000 übersteigt (§ 59 Abs 2 AußStrG).

8.2 Da die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

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